Barrierefreiheit wird zur Pflicht: Welche Websites müssen ab dem 28.07.25 barrierefrei sein?
Angesichts der bestehenden Unsicherheiten zum "Barrierefreiheitsstärkungsgesetz" haben wir die aus unserer Sicht wichtigsten Fakten für Websitebetreiber zusammengestellt. Vorweg: Es werden duch das Gesetz keinesfalls alle Websites zur Barrierefreiheit verpflichtet.
Was bedeutet das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Bezug auf Websites?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist eine rechtliche Regelung, die am 28. Juni 2025 in Kraft tritt. Es verpflichtet bestimmte Anbieter digitaler Dienstleistungen, ihre Websites barrierefrei zu gestalten, um allen Nutzern, einschließlich Menschen mit Behinderungen, einen uneingeschränkten Zugang zu ermöglichen.
Welche Gruppen von Websites sind nach dem Gesetz betroffen?
Im Gesetz heißt es in § 1 BFSG (3) :
Dieses Gesetz gilt für folgende Dienstleistungen, die für Verbraucher nach dem 28. Juni 2025 erbracht werden: (…) Webseiten (...) Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr.
Das gilt also für zum Beispiel Online-Shops und alle Websites, die einen Vertragsschluss für einen Endverbraucher online anbieten. Ein Shop, der Waren and Endverbraucher verkauft, muss seine Website barrierefrei gestalten, sofern er nicht als Kleinstunternehmen gilt.
Welche Gruppen sind demnach nicht betroffen?
Websites, die ausschließlich B2B-Dienstleistungen oder Produkte anbieten, sind nicht betroffen. Reine Informationsseiten, wie Magazine oder Blogs, die keine Möglichkeit zum Vertragsabschluss für Endkunden an bieten, fallen ebenfalls nicht unter das Gesetzes. Ebenso sind Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, mit weniger als zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro von der Regelung ausgenommen.
Beispiele aus der Praxis mit unserer Einschätzung zur barrierefreien Umsetzung:
Website eines Onlinemagazins ohne Shopfunktion → Nicht betroffen, da es eine reine Informationsseite ohne Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen ist.
Website eines E-Commerce-Shops für Nahrungsergänzungsmittel mit mehr als 2 Mio. € Umsatz und 15 Angestellten → Betroffen, da ein digitales Produkt vertrieben wird und das Unternehmen kein Kleinstunternehmen ist.
Online-Banking-Portal einer Sparkasse → Betroffen, da es sich um eine digitale Dienstleistung (Bankgeschäft) handelt, die im BFSG explizit genannt ist.
Website eines Cafés mit Online-Tisch-Reservierungsformular → Nicht betroffen, da kein BFSG-relevanter Dienst oder Produkt digital bereitgestellt wird.
Website eines Telekommunikationsanbieters mit Vertragsabschluss und Kundenportal → Betroffen, da Telekommunikationsdienste unter das BFSG fallen.
Website eines Musik Streaming Anbieters mit Nutzerkonto → Betroffen, wenn das Unternehmen kein Kleinstunternehmen ist, da digitale Dienstleistungen bereitgestellt werden.
Online-Shop eines Einzelhändlers für Haushaltsgeräte mit weniger als 10 Mitarbeitenden und 900.000 € Umsatz → Betroffen (trotz Kleinstunternehmen) da der Verkauf von Produkten stattfindet.
Was sollte man als Websitebetreiber unternehmen, wenn man zur Barrierefreiheit verpflichtet ist?
Zunächst sollte ein Barrierefreiheitstest durchgeführt werden. Dies kann entweder in Form eines Selbsttests mit Online-Tools oder als professioneller Test durch einen externen Dienstleister erfolgen. Im Anschluss daran gilt es, den Aufwand abzuschätzen. Der Umfang der notwendigen Anpassungen hängt stark vom aktuellen Zustand der Website ab. In manchen Fällen kann es erforderlich sein, das gesamte Template der Website grundlegend zu überarbeiten. Auch das Design, insbesondere die Farbgebung und der Kontrast, müssen möglicherweise angepasst werden, um den Anforderungen an die Barrierefreiheit gerecht zu werden.
Folgende Tools können bei einer Erstbewertung kostenfrei benutzt werden:
Google PageSpeed Insights
Liefert Basis-Informationen über Grundlagen wie Kontraste, Schriftgröße, Labels, Touch Targets oder Alt-Text. Siehe: https://pagespeed.web.dev/
WAVE (Web Accessibility Evaluation Tools)
WAVE scannt eine Webseite und identifiziert automatisch viele gängige Barrieren siehe: https://wave.webaim.org/
Fazit
Jede Website sollte, auch ohne gesetzliche Verpflichtung, möglichst barrierearm sein. Das hat nicht nur ethische Gründe, sondern kann auch technische und Wettbewerbsvorteile bringen.
Es müssen aber keinesfalls alle Websites künftig zu 100% barrierefrei sein.